You are currently browsing Admin’s articles.

Wenn es überhaupt einen Trick gibt für eine erfolgreiche Außenlandung gibt, dann den, einen langen, sehr langen Queranflug einzuplanen, mithin die Position sehr weit querab des vorgesehenen Landestreifens zu wählen. Dadurch bleibt zum einen die Wiese während des gesamten Anfluges im Blickfeld, zum zweiten erlaubt der lange Queranflug in weiten Grenzen das Abkürzen oder das viel häufiger nötige Verlängern des Anfluges. Nur: was tun, wenn für einen ordentlich langen Queranflug kein Platz ist? Ich hatte das Problem beim Anflug auf eine sehr gut landbare Katalogwiese, die allerdings in einem recht engen Tal liegt. Da ich hoch über der Wiese ankam, hatte ich Zeit und Ruhe, mir eine Lösung auszudenken. Die Wiese ist als Wegpunkt in meinem Logger gespeichert und war auch schon als Zielpunkt ausgewählt. Der Logger zeigt dann Kurs und Entfernung zu der Wiese an. Zunächst überprüfte ich, ob der im Logger gespeicherte Punkt tatsächlich der richtigen Wiese entsprach. Ich flog also nach Logger bis Entfernung Null an den Wegpunkt heran, guckte herunter – und befand mich tatsächlich genau über der „Bahnmitte“ der Wiese. Wunderbar. Während ich über der Wiese wie üblich einige Schüler-Kreise drehte, um den Windversatz festzustellen, überlegte ich mir, wie lang wohl Gegen- und Endanflug bei einer normalen Landung ausfallen. Gar nicht so einfach, schließlich misst man diese Strecke ja nie in Kilometern aus. Ich beschloss, in 200 Metern über Grund an der Position abzufliegen und die Hälfte dieser Höhe, also 100 Höhenmeter, für Gegen- und Endanflug einzusetzen, während ich die verbleibenden 100 m bei Bedarf leicht durch Klappen und Gegenwind würde vernichten können. Ich hatte also im Anflug 100 Höhenmeter abzugleiten, bei einer Gleitzahl von 30 entspräche das einer Strecke von 3 Kilometern für Gegen- und Endanflug zusammen. Das heißt: ich durfte frühestens 1,5 km nach dem Abfliegen von der Position aus dem Gegen- in den Endanflug umdrehen. Na gut. Bis hierhin kam mir meine Idee reichlich theoretisch vor.

Ich kreiste also langsam bis auf 200 Meter über Grund herunter (die aus dem Katalog bekannte Elevation der Wiese hatte ich schon lange vorher am Außenring des Höhenmessers eingedreht) und begann meinen Gegenanflug an der „Position“ querab der Wiese. Da ich wegen des engen Tales die Position sehr nah an die Wiese hatte legen müssen, geriet der Landestreifen recht bald außer Sicht. Unwillkürlich verspürte ich den Drang, alsbald umzudrehen – es ist einfach ein blödes Gefühl, die einzige landbare Wiese nicht mehr in Sicht zu haben. Da besann ich mich auf meine zuvor ausgerechneten 1,5 km und nahm mir vor, tatsächlich solange von dem gespeicherten Wiesen-Wegpunkt wegzufliegen, bis der Logger diese 1,5 km Entfernung anzeigte, und erst dann in den Endanflug umzudrehen. Es ist kaum zu glauben, wie langsam die Entfernung hochgezählt wird, und wie lange es zu dauern scheint, bis diese Entfernung erreicht ist! Dabei ist man ja allerhöchstens eine Minute unterwegs, eher weniger. Aber diese knappe Minute zieht sich! „Nach Gefühl“ hätte ich gewiss weit früher gedreht! Endlich sprang die Entfernungsanzeige von 1,4 auf 1,5 km und erleichtert drehte ich um. Hoppala! Ich war zwar nicht zu hoch, brauchte trotz des Gegenwindes aber noch fast volle Klappen. Die Landung passte dann gut, fiel aber auch noch eher lang aus.

Den Fehler, zu früh umzudrehen und dann mit zuviel Höhe in den zu kurzen Endanflug gehen zu müssen, hatte ich so also vermeiden können. Dennoch kann man dieses Verfahren sicherlich nicht ohne Vorbehalte empfehlen. Folgendes sollte man dabei beachten:

  • Man muss genug Höhe, Ruhe und Zeit haben, um einen solchen etwas abstrakten Anflug fehlerfrei durchführen zu können.
  • Der angeflogene Wegpunkt muss auch wirklich in der angepeilten Wiese liegen! Alternativ kann man einen GPS-Marker (Mann-über-Bord-Boje) setzen und diesen anfliegen.
  • Der Höhenmesser, bei Außenlandungen normalerweise wertlos, ist hier eine nette Hilfe. Wenn aber die Elevation der Wiese nicht bekannt ist und / oder die korrekte Höhenmessereinstellung nicht sicher ist, dann ist man wie sonst auch auf eine einigermaßen vernünftige Schätzung der Positionshöhe angewiesen. Hingegen sollte man sich nicht auf die aus GPS-Höhe und Geländehöhenmodell errechnete Höhe über Grund verlassen, wie sie manche PDA-Programme werbewirksam als „Radarhöhenmesser“ verkaufen! Gerade in engen Tälern kann der Interpolationsfehler des Geländemodells beträchtlich sein.
  • Wenn man Anflüge auf den Heimatplatz auswertet, stellt man fest, dass die zweimal 1,5 km gar nicht so verkehrt sind. Als „First Guess“ kann man sich diesen Wert also ruhig merken.
  • Vor lauter GPS-Spielerei nicht die Luftraumbeobachtung (Kabel!!!) und die Fahrt vergessen!

Wie groß ist das momentane Risiko, das ich in einer bestimmten Situation eingehe? Darüber erhält man beim Segelfliegen nur sehr wenig Rückmeldung. Gerade potentiell äußerst gefährliche Situationen wie die Überquerung eines Grates konditionieren den Piloten eher in die falsche Richtung: da sie immer wieder gelingen, verführen sie dazu, die eigenen Sicherheits-Margins immer weiter nach unten zu setzen. Dieses falsche Verhalten wird durch den erreichten Vorteil (Einsparen eines Umweges, Erreichen eines Aufwindes, Erreichen des Heimatplatzes…) zunächst belohnt. Trial and Error, das Lernen aus Erfahrung, funktioniert also nur schlecht. Dennoch hat man häufig ein Gefühl dafür, dass man gerade zu gefährlich fliegt. Diesen „inneren Copiloten“ sollte man ernstnehmen. Erschreckend ist für mich, dass ich mich wider besseres Wissen doch zwar selten, aber immer wieder über diese warnende Stimme hinwegsetze, so wie in diesem Beispiel:

Am 7. Mai 2008, einem Hammertag, war ich auf Dreieckskurs unterwegs. Vom Sausteigen querte ich zur Schwalbenwand, die aber nicht ging. Also folgte ich dem Grat Richtung Hundstein, der jedoch auch nicht besonders gut trug. Ich rutschte rechts vom Grat herunter. Auch den Gratausläufer, der sich vom Hundstein zum Honigkogel zieht, würde ich nun nicht mehr auf seine Südseite queren können. Ärgerlich, denn dort stand eine schöne Wolke. Um sie zu erreichen, würde ich die gesamte Nordflanke dieses Grates bis zum Honigkogel entlang- und um diesen herumfliegen müssen und dann die halbe Südflanke des Grates wieder zurück. Ein Umweg von mindestens vier Kilometern, der zudem mit abnehmender Höhe immer länger wird. Aber es ließ sich nichts machen, ich war nun einmal (wenn auch knapp) unter Grat und hatte in dem Nordhang auch keinerlei Aussichten, ihn zu übersteigen. Ich fand mich also mit dem Umweg ab. Doch dann trug die Nordseite ganz leicht, gleichzeitig kam ich am Beginn einer Art langezogener, aber flacher Senke in dem Grat zu meiner Linken an. Ich erinnere mich noch, wie ich dachte: „Sieh mal, rein ‚physikalisch‘ würde es jetzt sogar zum Drüberfliegen reichen – schade, dass es aus Sicherheitsgründen trotzdem nicht geht, dafür reicht die Höhe nun wirklich nicht.“ Im selben Moment gehe ich mit den Rudern unwillkürlich, ohne nachzudenken nach links, drehe in den Grat und überfliege ihn tatsächlich. Ich kam direkt in dem kräftigen Bart auf der Südseite an und der weitere Flug war völlig problemlos. Ein typischer Fall, in dem das Ergebnis das falsche Verhalten belohnt: ich hatte den drohenden Umweg mitsamt seinem unvermeidlichen Zeit- und Höhenverlust eingespart und den Bart optimal getroffen.

Dennoch habe ich mich noch während der Gratquerung kolossal über mich geärgert, denn ich hatte gerade einen gewaltigen Fehler begangen:

  • ich war für die Querung zu tief (laut SeeYou betrug der Abstand zum Gelände etwa 40 Meter), mit knapp 110 km/h vor allem aber viel zu langsam! Fahrt ist wichtiger als Höhe; 40 Meter können durchaus völlig safe sein, wenn man 160 auf der Uhr hat. Mit nicht einmal 110 war die Gesamtenergie für eine sichere Querung aber schlicht viel zu gering.
  • ich habe eine zuvor bereits fix getroffene Entscheidung, nämlich, den Umweg zu fliegen, ohne erneutes Abwägen der Fakten (die sich ja auch nicht geändert hatten) umgestoßen. Das ist hier ähnlich falsch wie der Wechsel des Außenlandeackers im kurzen Endanflug.
  • die Stelle des Grates, an der ich gequert habe, war zwar etwas tiefer eingedellt als die bisherige Gratlinie, gleichzeitig aber auch deutlich flacher und damit äußerst gefährlich zu queren.
  • wegen des offensichtlichen Bartes, der an genau dieser Stelle aus der Südflanke des Grates kam, hätte man mit einem thermisch verursachten Lee auf der Nordseite oder oben auf dem flachen Teil des Grates rechnen müssen. Allein das hätte die Querung eigentlich verboten.

Übrigens lässt sich dieser Fehler ganz hervorragend mit dem genialen Tool „IGC Flight Replay“ in Google Earth nachverfolgen. Dazu hier den Flug herunterladen und mit IGC Flight Replay angucken.

An einem der Hammertage um Pfingsten hätte ich fast eine Frontalkollision verursacht, und zwar, weil ich die LED-Balkenanzeige meines FLARM (Hardware-Version 2005) falsch interpretiert habe. Ein Twin flog einige Minuten lang sehr dicht hinter mir her. Mein Flarm zeigte dieses hinter mir fliegende Flugzeug im „Nearest“-Modus auch ständig korrekt durch die entsprechenden Leuchtsignale an. „Hinten“ wird in der Balkenanzeige dargestellt, indem die beiden äußersten LEDs ganz links und ganz rechts außen leuchten.

Für „links hinten“ leuchten links außen zwei und rechts außen eine LED, entsprechend umgekehrt für „rechts hinten“:

Der Doppelsitzer flog mal leicht höher, mal leicht tiefer, mal links hinten, mal rechts hinten hinter mir her. Deswegen beobachtete ich die Flarmanzeige immer wieder. Eine Warnmeldung (Leuchtanzeige plus Piepston) hatte der Twin bislang allerdings nicht verursacht, da trotz des geringen Abstandes wegen der fast indentischen Flugrichtung und -geschwindigkeit keine Kollisionsgefahr errechnet wurde – auch das war korrekt. Plötzlich kam dann doch ein Warnton, den ich ohne nachzudenken dem Twin hinter mir zuordnete, denn wie bisher leuchteten drei LEDs im Flarm. Der Warnton wurde lauter (2. Warnstufe) – aber was tun, wenn der andere hinter mir ist? Hochziehen ist gefährlich, links oder rechts wegzugehen bringt nicht viel, also lieber geradeaus bleiben und etwas beschleunigen. Dennoch sofort darauf die dritte Warnstufe, blinkende LEDs – und erst jetzt sehe ich, dass bereits seit Auftreten des ersten Warnpieps nicht mehr die äußeren LEDs (für „hinten“) leuchten, sondern die mittleren drei, für „vorne“!

Der potentielle Kollisionsgegner, vor dem gewarnt wird, ist gar nicht mehr der hinter mir fliegende Twin, sondern ein anderes Flugzeug direkt voraus! Also leicht wegziehen wegen der besser sichtbaren Flügelunterseite und voll wegdrehen. Erst jetzt sehe ich den Entgegenkommenden. Er hatte mich dank seiner eigenen Flarmanzeige wohl einen Moment vorher gesehen und konnte einigermaßen bequem ausweichen.

Was sind die Lehren / Schlussfolgerungen aus diesem Erlebnis?

– Ändert sich das potentiell gefährliche Flugzeug, wird dies seit dem letzten großen Update durch einen kurzen Doppel-Pieps angezeigt. Diesen habe ich nicht gehört; möglicherweise kam wegen der großen Annäherungsgeschwindigkeit auch sofort mit dem Zielwechsel die erste Warnstufe mit ihrem Warnton.

– Ich fliege seit etwa 700 Flugstunden mit diesem Flarm und kann die Balkenanzeige normalerweise intuitiv richtig interpretieren. Dennoch war diese krasse Fehlinterpretation möglich! Oder sind mir frühere, folgenlose Fehlinterpretationen nur einfach nicht aufgefallen?

– Trotz der bisher guten Erfahrungen mit der alten Balkenanzeige habe ich wegen dieses Vorfalls eine Zweitanzeige mit Kompassrose vor mein Flarm-Hauptgerät gehängt.

– Ohne Flarm hätte es einen noch viel knapperen Near Miss oder gar einen Unfall gegeben, da zumindest der Entgegenkommende sein Flarm ganz offensichtlich richtig interpretiert hatte und die Situation klären konnte.

Kategorien